Partnersuche: Ist die reale Welt besser als das Internet?

Im Online-Dating kann man im Nu jede Menge Männer / Frauen kennen lernen, aber was bleibt letztlich hängen? Ist das ECHTE LEBEN da nachhaltiger?


Allein im Lokal zu sitzen, ist Scheiße, wenn da sonst lauter glückliche Paare sind

Meine beste Freundin sagt mir seit Monaten: „Lass das doch mal sein mit diesen Singlebörsen. Das ist doch alles viel zu oberflächlich. Kaum einer will sich festlegen, sondern denkt, da müsste es immer noch jemanden geben, der toller ist als du.“
Sie meint jedenfalls, dass sie in Partnerbörsen NUR solche Erfahrungen gemacht hat. Sie hat, nach langer düsterer Singlezeit und einigen enttäuschenden Partnerschaftsanbahnungsversuchen, ihren Traummann im REALEN LEBEN kennengelernt. Und zwar auf einer riesigen Ü-30-Party, bei der sie etwas verloren in einer Ecke hockte, weil die Bekannte, die sie mitgeschleppt hatte, sich mit irgendwelchen Jungs herumtrieb. Ein großer Blonder verirrte sich in die selbe Ecke, eine Stunde später knutschten sie, eine Woche später waren sie zusammen.
Sie sagt: „Letztlich kannst du noch so viele Daten abgleichen, selbe Interessen, selber Bildungsgrad usw., aber was hilft da ne hohe Deckung, wenn´s beim Live-Treffen nicht funkt? Du musst noch mehr rausgehen, auf Parties, zu Events, in Lokale, du musst Interessengruppen beitreten – mach doch mal n Tanzkurs!”

Mit Grausen denke ich da an den einzigen Tanzkurs, den ich als Erwachsene je machte: Ich war 23 oder 24, gefrustet von den bindungsunwilligen Jungs der Berliner Szene, wollte endlich mal solide, beziehungswillige Männer kennen lernen und meldete mich bei einer gepflegten Charlottenburger Tanzschule für einen Standardkurs an. Oh Schreck. Die meisten Gäste waren als Paar da, es gab vier Singlefrauen, aber nur zwei Singlemänner: der eine schrecklich dick und stark schwitzend, der andere ein biederer Beamter von Ende 40, ebenfalls stark schwitzend. Für die überzähligen Frauen stellten sich der Tanzschule ein paar Männer zur Verfügung, die dann kostenlos mittanzen durften – das waren solche Typen, die im wahren Leben kaum mal eine Frau zwischen die Finger bekommen und daher dieses Angebot dankbar annahmen.
Ich bin mir außerdem nicht sicher, ob ich „auf Parties, Events, in Lokalen“ eher den Mann fürs Leben finde, denn in meinen jüngeren Jahren bin ich überaus viel auf Parties, zu Events, in Lokale gegangen, und was ist letztlich hängen geblieben? Nix.
Jetzt gehe ich immer noch oft auf Veranstaltungen und Konzerte, und meine beste Freundin schleppt mich auf Vernissagen und sonstige Kunsthappenings, doch die Männer, die mir gefallen, sind durchweg immer mit weiblicher Begleitung da.
Ich war auch schon auf zwei, drei Treffen, wo sich Singles für bestimmte Aktivitäten zusammentun. Ach was soll ich euch sagen: Krasser Frauenüberschuss.

Manchmal sehe ich im ganz normalen Alltag Männer, die mir gefallen. Aber ich lerne sie fast nie kennen. Zum Beispiel dieser attraktive Autofahrer, der mich beim Wandern im Niemandsland zwischen Geltow und Golm von hinten anhupte und aus dem Wagenfenster rief: „Das ist eine Straße, hier fahren Autos!“ und über mein erschrockenes Gesicht ganz bezaubernd lächelte. Und schon fuhr er weiter… Da müsste man schon sehr blitzschnell sein, um den Moment zu nutzen. Im Herbst wiederum hätte ich einen Moment länger gehabt, war aber nicht geistesgegenwärtig und vor allem nicht mutig genug. Nach einer langen Radtour hielt ich noch kurz in Märkisch Buchholz (das ist in Brandenburg, ca. 65 km südlich von Berlin-Mitte), um mir im Dorfsupermarkt eine Cola Light zu kaufen; als ich vor dem Laden stand und das eiskalte Zeug genüsslich in meine Kehle goss, kam lässigen Schritts ein echt cooler Typ um die Ecke, vielleicht Mitte/Ende 40, Vollbart, männliches Gesicht, dunkel gerahmte Sehbrille, Cowboy-Strohhut auf dem Kopf, und wenn ich mich recht entsinne, längere Haare. Er lachte mich im Vorbeigehen einfach so an. Er wollte in den Supermarkt und machte das selbe, was ich 10 Minuten vorher auch schon gemacht hatte, nämlich an der geschlossenen Tür rütteln. „Andere Tür!“ sagte ich, „das ist hier ein bisschen unübersichtlich!“
„Oh, danke“, lachte er, nahm die andere Tür und ging rein. Ich stand da noch einen Moment, trank zu Ende, checkte Mails auf dem Handy, überlegte: Warte ich jetzt auf ihn und riskiere, dass mir in Halbe (nächster Ort mit Bahnstation) der Zug davonfährt und ich dann eine komplette Stunde warten muss; oder denke ich mir, dass so ein Typ eh gebunden ist, und gehe meiner Wege? Tatsache ist, er kommt nicht von hier, sonst hätte er das mit der Tür gewusst; hätte mich auch gewundert, denn in ehemaligen DDR-Dörfern weit außerhalb auf dem Lande gibt´s üblicherweise keine so außergewöhnlichen Männer. Woher kam er, wohin wollte er?
Nach 5 Minuten an Übersprungshandlungen fuhr ich los nach Halbe und ärgerte mich für den Rest des Abends. Denn dort am Bahnhof musste ich dann eh eine halbe Stunde warten, ich hätte also noch mengenweise Zeit gehabt, den Knaben anzusprechen.
Na klar ist nach so einer Begegnung die Versuchung immer groß, sich in herrliche Illusionen hineinzustürzen: Vielleicht war er allein unterwegs, vielleicht hätten wir diesen wundervollen lauen Herbstabend zusammen verbringen können… seufz. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr hoch, aber wer weiß?
Also wenn einer von euch diesen Cowboy mit Bart und Brille kennt, der am frühen Abend des 6. Oktober in Märkisch Buchholz war, möge er mir sagen, ob dieser Mann noch zu haben ist.
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Fazit: Wenn du „da draußen“ auf jemanden triffst, der/die dir richtig gefällt, dann sei nicht so feige, sag deiner sogenannten „Vernunft“ (eigentlich ist es Angst), sie soll die Klappe halten, und mach was in Richtung Kennenlernen! Denn das kleine Ärgern, falls es sich als Flop entpuppt, ist deutlich weniger schlimm als die Reue über die verpasste Gelegenheit.
© Beatrice Poschenrieder

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