Ich habe gemerkt, dass mein Selbstwert und mein Gefühl von Glücklichsein davon abhängen, ob ich eine Beziehung habe, und ich finde es erbärmlich!
Frage:
Als mein Ex hat mich verlassen hat, war mein Selbstwertgefühl auf dem Nullpunkt. Inzwischen ist es besser, aber noch nicht wieder richtig gut. Ich hatte auch ein paar Dates, die aber nur weitere Flops waren, nicht grade geeignet, dass ich mich wieder als begehrenswerte Frau fühle.
Mein Problem jetzt ist: Ich bin ziemlich sicher, dass ich erst dann endgültig über ihn hinwegkommen würde, wenn ich mich neu verlieben würde. Gleichzeitig finde ich den Gedanken erschreckend, dass mein Selbstwert und mein Gefühl von Glücklichsein anscheinend so von einer Beziehung abhängig sind. Sicher, es würde helfen, wenn da wieder jemand wäre, aber ist das nicht irgendwie ein bisschen armselig?
Ich bin im Moment halt ziemlich einsam und kann deshalb nicht wirklich glücklich sein. Ist das nicht furchtbar? Dass ich mich nur dann gut fühle, wenn jemand für mich da ist?
Bin ich denn wirklich so schwach?
Ich weiß nicht, wie ich es schaffe, auch ohne Freund wirklich richtig zufrieden mit mir und meinem Leben zu sein. Sodass ich mir die Bestätigung, die ich brauche, und den Rückhalt, den ich brauche, selbst geben kann.
Antwort von Therapeutin Beatrice:
Ich glaube, mehr als der Hälfte der Frauen geht es so wie dir: sie fühlen sich ohne Partner nicht glücklich und auch irgendwie nicht „vollständig“ (oder auch vollwertig). Das liegt einerseits daran, dass viele Frauen kein gutes Selbstwertgefühl haben, andererseits vielleicht auch daran, dass wir Frauen uns stärker als Männer nach Geborgenheit, nach der Wärme und Zärtlichkeit eines anderen Menschen sehnen. Wir haben einen größeren „emotionellen Hunger“ als Männer – oder vielleicht stehen wir auch offener zu diesen Bedürfnissen, denn im Grunde wünscht sich jeder Mensch einen Partner, der einen liebt, anerkennt, ergänzt und – wie du sehr treffend sagst – „für mich da ist“.
Was ich dir damit sagen will: Verurteile dich nicht selbst für deine Sehnsüchte. Es ist nicht „armselig“, wenn du das Bedürfnis nach jemandem hast, der dir aus deinem Gefühlstief heraushilft. Wir leben in einer Gemeinschaft – man muss nicht immer alles allein mit sich abmachen und allein schaffen. Von daher ist es auch wichtig, sich nicht zu scheuen, gute Freunde um Hilfe zu bitten.
Gut ist ja schon mal, dass du ein Bewusstsein dafür hast, dass man/frau sich in seinem Selbstgefühl und seinem Wohlbefinden nicht von einer Partnerschaft abhängig machen darf; denn es gibt Frauen und auch Männer, die sich als Single immer richtig schlecht fühlen, weil sie zutiefst davon überzeugt sind, nur mit Partner glücklich sein zu können und dass das Single-Sein sozusagen ein Beweis für die eigene Unattraktivität und Unfähigkeit ist, jemanden an sich zu binden. Bei so einer Grundeinstellung ist die Gefahr von anhaltendem Selbstwertverlust und Depression sehr hoch – oder sich auf den falschen Partner zu einzulassen!
Nun willst du ja u.a. von mir wissen, wie du es schaffst, auch ohne Partner glücklich zu sein. Ich denke mal, deine jetzige Gefühlslage wird immer noch davon beeinflusst, dass dich dein Ex verlassen hat. Vielleicht hast du´s noch nicht ganz verdaut und dein Selbstwertgefühl hat sich auch noch nicht ganz von dem Schlag erholt.
Wichtig ist, dass du jetzt beginnst, ihn AKTIV ZU VERGESSEN! Denn jedesmal, wenn du an ihn und die Trennung denkst, begibst du dich wieder in diese niederziehende Gefühlslage hinein – und verstärkst sie dadurch!!
Und wie geht das, ihn „aktiv zu vergessen“?
Das steht in diesem Beitrag:
«Liebeskummer überwinden – die besten Tipps»
Und hast du schon das hier gelesen?
Werde ich je den Richtigen finden???
Nebenbei kannst du allmählich anfangen, dein Selbstwertgefühl zu stärken. Konzentriere dich auf dich selber und überlege dir, was du alles tun könntest, um dich so richtig wohl mit dir selbst zu fühlen oder auch ein wenig stolz auf dich zu sein.
Die besten Quellen für Wohlgefühl, Zufriedenheit und Selbstachtung sind Sport, Kreativität und soziales Engagement (und sicherlich auch ein Beruf, der einen voll und ganz erfüllt, aber das ist für die meisten Menschen ja nicht grade leicht zu erreichen). Beim Sport etwa solche Sportarten, die ein bisschen Überwindung kosten, oder Sportarten, die die Kondition oder die Körperbeherrschung verbessern. Kreativität kann man in vielen Bereichen entwickeln, egal ob im Malen, Musizieren, Fotografieren, Nähen, Grafik, Kochen, Backen, Handarbeiten, Gärtnern, Handwerken oder anderem. Und soziales Engagement ist sicherlich das Beste, um das eigene Gefühl von „ich bin etwas wert“ zu stärken: man hilft Familien, Kindern, Flüchtlingen, alten oder behinderten Menschen in jeglicher Form.
Finde ein paar Bereiche, die zu dir passen, dir Spaß machen und in denen du dich weiterentwickeln kannst.
Erforsche dich selbst: Welche Stärken, welche Schwächen hast du? Baue die Stärken aus, und mit den Schwächen verfährst du so: Setz alles dran, sie in Stärken zu verwandeln, und wenn das nicht gelingt, dann akzeptiere sie als Teil deiner Persönlichkeit.
Betrachte dein Singledasein nicht als Tragödie, sondern als Chance – nämlich, dich auf dich selbst zu konzentrieren ohne den Einfluss eines Partners, der einen großen Teil deiner Zeit und deiner Energie beansprucht.
Übrigens, noch viel mehr Tipps zum Stärken des Selbstwertgefühls findest du in diesen Büchern (hol dir am besten beide – das eine fördert dein allgemeines Selbstwertgefühl, das andere dein Selbstbewusstsein als Frau):
• Das Kind in dir muss Heimat finden: Der Schlüssel zur Lösung (fast) aller Probleme
• Weiblichkeit leben: Die Hinwendung zum Femininen
© Beatrice Poschenrieder