Wie gestört ist das? Der Mann beleidigt mich nicht nur, sondern erstellt extra ein neues Profil, um mich ausgiebig beschimpfen zu können
Ich habe ja erst kürzlich davon berichtet, dass es in Online-Dating-Plattformen User gibt, die aus dem Nichts auftauchen und dich attackieren (beschimpfen, kritisieren, belehren), zum Beispiel dieser Typ mit dem Nickname „Wetten-Das“ und seiner angriffslustig-belehrenden Attacke: 5 ausführliche Kritikmails hintereinander weg. Kurz danach wurde mir klar, wer sich dahinter verbarg: Es ist eben jeder Kerl, der mich einige Tage zuvor mit einer Schmährede bedacht hatte, weil ich ihn für seinen Geschmack zu lange auf eine Antwort warten ließ (ich berichtete im Beitrag „Ungeduld, Egozentrik und überzogene Erwartungen in Singlebörsen“ davon). Wie ich darauf kam? Na weil er geschrieben hatte:
«Ich sag Dir ehrlich, Du findest hier nie einen Mann!!!! Nie im Leben!!!!!!! Wetten Dass??!! Dein gesamtes Profil kommt so bescheuert rüber, das glaubst Du selbst nicht!!!! Vielleicht siehst Du ganz manierlich aus, was hilft dir das??? Welcher Mann tut sich denn sowas an??????»
Aus dem „Wetten Dass“ hatte er sich seinen neuen Nickname gebastelt (immer noch in sehr aufgebrachter Gemütsverfassung, daher die Auslassung des letzten „s“) und hatte dann mein Profil, das er ja so bescheuert fand, auseinandergenommen.
Da fragt man sich doch: Was für gestörte Seelen gibt es? Nur weil ein virtueller Kontakt, mit dem er grade mal fünf Mails getauscht hat, nicht gleich antwortet, schreibt der Mann nicht nur eine Beleidigung, sondern macht sich auch noch die Mühe, ein neues Profil zu erstellen (wofür auch eine neue Emailadresse nötig ist, weil das System keine Doppelbelegungen akzeptiert) und fünf ausführliche Kritikmails zu verfassen, nachdem er sich eine ganze Weile mit meinem Profil befasst hat, um genug Zeug zu finden, was er bekritteln kann.
Warum macht ein Mensch sowas? Hab ich ihm so etwas Schlimmes angetan? Natürlich nicht. Ich schätze mal, er trägt eine riesengroße uralte Wut in den Tiefen seiner Psyche mit sich herum, weil Mami ihm viel zu wenig Zuwendung geschenkt hat oder irgendwas in der Art.
Eine andere Form von Singlebörsen-Stalking habe ich schon erlebt, wenn ich einen Mann live getroffen hatte, der sich dann vielleicht in mich verguckt hatte, aber nicht vice versa, was dann ja damit verbunden war, dass ich ihm einen Korb geben musste. Obwohl ich in der Regel versuchte, dies schonend zu tun, gab es vereinzelte Exemplare, die das sehr persönlich nahmen oder nicht hinnehmen wollten. Solche Leute bombardieren einen mit Mails, Anrufen und/oder SMSen; sie betteln um eine weitere Chance oder sie nerven einen mit spitzen Bemerkungen („du bist ja immer noch hier – alles klar“, „na, immer noch keinen gefunden? wohl zu hohe Ansprüche, was?“).
Mein bester Tipp, was du als Gestalkte/r (ja, auch Männer werden bisweilen gestalkt!) tun kannst, ist: nicht reagieren.
Widersteh dem Drang, diese impertinente Person zu beschimpfen oder höflich um Abstand zu bitten. Tu gar nichts, sperre sie auf deinem Profil und zeige sie ggf. bei den Portalbetreibern an (was nicht selten dazu führt, dass der Stalker gänzlich gesperrt wird). Aber selbst das hilft manchmal nicht. Es gibt Online-Dater, die mit einem Korb so schlecht klarkommen, dass sie sich ein neues Profil mit neuem Nickname zulegen, natürlich ohne Bild und mit Falschangaben über sich, sodass du erst mal nicht checkst, um wen es sich da handelt. Dann tauchen sie bei dir auf und bepöbeln dich entweder gleich, oder sie schleimen sich erst mal an, um dir anschließend, wenn du ein bisschen Vertrauen gefasst hast, so richtig eins reinzuwürgen.
Bei zwei abgewiesenen Verehrern war ich so blöd gewesen, meine Lieblings-Ausgehlokale preiszugeben – was zur Folge hatte, dass sie wiederholt dort auftauchten, mich den ganzen Abend beobachteten und sich bei passender Gelegenheit zu nähern suchten.
Heute gebe ich meistens nicht mal mehr meinen richtigen Vornamen heraus, bevor ich ein Live-Date mit demjenigen gehabt habe, weil man nur meinen Vornamen, meinen Beruf und meine Stadt bei Google eingeben muss, um sofort auf meine Identität zu stoßen – und damit auf Tausende von Infos, verbreitet im Internet, in Beiträgen von mir auf vielen verschiedenen Webseiten, in meiner eigenen Webseite, in Xing, in Facebook, etc. pp.
Denn zu den Zeiten, als ich meinen Vornamen und Beruf noch preisgab, googelte mich in der Hälfte der Fälle die Internetbekanntschaft und erschien dann zum Date mit einer Menge Vorab-Infos und einem schiefen Bild von mir oder er sagte schon vorher ab, weil er im Internet irgendetwas über mich fand, was ihm nicht passte. Abgesehen davon, dass potentielle Stalker dann auch leicht meine private Email und meine Nummer herausfinden konnten. Nur meine Adresse findet normalerweise keiner heraus – normalerweise…
Einer meiner unheimlichsten Stalker war jemand von Anfang 40, dem ich schon gleich zu Anfang signalisiert hatte, dass wir vielleicht Sportpartner werden könnten, mehr nicht (wie ich fährt er gern Radtouren). Wir trafen uns zu einem kurzen Vorab-Beschnuppern, was dazu führte, dass ich feststellte: Mit diesem Mann würde ich nicht mal radeln wollen. Er hatte nicht nur die Aura und Optik eines fiesen, übellaunigen Gnoms, sondern war auch ziemlich ungepflegt und roch sehr schlimm. Aber du kannst ja nicht zu jemandem sagen: „Ich will niemals nie nicht mit dir radeln, weil du rüberkommst wie Quasimodo und auch noch so riechst!“
Also denkst du: Ich werde ihn eh nicht mehr treffen – und melde mich einfach nicht mehr.
Die normalen Leute kapieren das schnell: er oder sie meldet sich nicht mehr, also kein Interesse, okay, weitersuchen. Aber die ewig Abgewiesenen, die, die schon in ihrer Kindheit abgewiesen wurden, zum Beispiel von ihren Eltern (leider gibt´s ja auch bekloppte Eltern) oder von anderen Kindern (weil sie schon damals irgendwie komisch waren), die können das nicht verknusen, wenn du erst so freundlich bist, dass sie sich gleich verknallen, und sie dann einfach sitzen lässt. So schnell lassen sie nicht locker!
Mein Fan, der Radler, schickte mir via Singleportal jede Menge Vorschläge (für Radtouren) und ungebetene Tipps (er war nicht nur Halbprofi im Radeln, sondern auch Vollprofi in IT und Computerkram). Ich reagierte zuerst nur schwach und bald gar nicht mehr und dachte: Meinen richtigen Namen und meine Identität kennt er eh nicht. Denkste. Kurze Zeit später erhielt ich von ihm eine Mail, dass er über ein spezielles Programm, das Fotos vergleicht, entdeckt habe, wer ich sei, und über Schleichwege habe er sogar rausgekriegt, wo ich wohne – welch Zufall, das sei gleich bei ihm um die Ecke, sodass er jetzt öfter bei meinem Haus vorbeikäme. (Schrecklicherweise stimmte es – er nannte mir meine sowie seine Adresse.)
Es ist zwar bis heute nichts passiert – oder zumindest habe ich nichts bemerkt – aber in den ersten paar Tagen jagt einem so etwas schon einen gehörigen Schrecken ein.
Diese Männer hier entsprechen genau dem Typus „Psycho“ aus meinem unterhaltsamen und lehrreichen Ratgeber über Männer, die für feste Beziehungen ungenießbar sind (11,90 Euro).
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