Eine Chance für Online-Zicken und Nervbacken?

Jemand auf der Singlebörse nervt dich schon vor dem ersten Date oder macht dich blöd an, ist aber auch nett. Treffen oder nicht?

Sollst du jemand von der Singlebörse treffen, wenn er sich schon vorher scheiße verhält?

Eine Freundin, die meinen Blog liest und «Ungeduld und Beschimpfungen im Online-Dating» gelesen hatte, rief mich heute morgen an, um mir über den Ausgang eines Dates zu berichten, von dem ich ihr abgeraten hatte. Vor ein paar Tagen hatte sie mich nämlich gefragt, ob sich hinter so einem Typen, der etwas zickig reagiert, nicht doch ein guter Mann verbergen kann. Denn auch sie hatte von einem virtuellen Verehrer eine beleidigte und leicht beleidigende Mail erhalten, nachdem sie nicht innerhalb von neun Stunden auf seine Fragen geantwortet hatte. Die beiden hatten bis dahin innerhalb von drei Tagen etwa zwölf sehr nette Mails ausgetauscht, bis es dann eben zu der besagten Schreibpause kam, und zwar weil sie an dem Tag einfach pausenlos zu tun hatte und eh ein klein wenig unschlüssig war, ob er der Richtige für sie wäre: er ist um einiges älter und sehr „gesettelt“ (eigenes Haus am Rande der Stadt, Hund, zwei Kinder, die jede Woche vorbeikommen, Hobbies: Gartenarbeit, Golf, Schachspielen und in der eigenen Sauna relaxen). Jedenfalls schrieb er ihr (nachdem sie sich weder ordnungsgemäß bei ihm noch im System abgemeldet hatte) folgende Nachricht:
«So. Einfach nicht mehr antworten, ist auch eine Art… es ist unhöflich und sehr niveaulos nach unserer kurzen Kommunikation.
Du stellst dich in deinem Profil als so eine nette Frau dar, dabei ist das alles gelogen und du bist auch nichts anderes als eine egoistische, eingebildete Person, es ist kein Wunder, dass du kinderlos und unverheiratet bist, denn für Kinder bist du zu selbstsüchtig und die Männer wissen schon, wen sie heiraten und wen lieber nicht. Na ja, eine Erkenntnis mehr! Viel Erfolg, irgend ein Idiot wird sich schon finden für dich.»
Sie war versucht, ihm eine impulsive Reaktion zu geben à la „sag mal, hast du ne Mischung aus aufgeblähtem Ego und Mimosenhaftigkeit, dass du glaubst, ich wäre verpflichtet, dir hier immer binnen Stunden zur Verfügung zu stehen? Denkst du etwa, du wärst der Einzige, der mich hier kontaktiert, und ich hätte den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als sehnsüchtig auf deine Mails zu warten und sofort zu antworten? Denkst du, ich sollte alle anderen Kontakte hier sein lassen und alles stehen und liegen lassen, nur weil du mir ein paar nette Mails geschrieben hast? Träum weiter. Wenn du solche Dinge denkst, bist du im Internet-Dating völlig falsch. Geh zum Tanztee und sprich da irgendeine vereinsamte und frühpensionierte Dame an.“
Da sie aber auch ein bisschen Mitleid mit ihm hatte und – so ist sie eben – nicht als unhöflich und selbstsüchtig dastehen wollte und da sie weiß, dass solche impulsiven Reaktionen bei Mimosen nicht als lehrreiche Botschaft ankommen, sondern nur auf Abwehr oder gar feindselige Gegenreaktion stoßen, schrieb sie ihm:
«Grade wollte ich mich wieder einloggen, um dich zu fragen, ob wir kurz telefonieren wollen, weil ich für diese ganze Schreiberei einfach zu wenig Zeit habe – da kam deine schroffe Ansage. Ich bin geschockt und gekränkt durch deinen Angriff. Das, was du als Egoismus und Unhöflichkeit darstellst, war in Wahrheit nichts anderes als ein extrem hektischer Tag; im Büro klingelte ununterbrochen das Telefon oder mein Chef wollte wieder was ganz Eiliges von mir, nebenbei musste ich vor Feierabend noch dieses komplizierte Exposé fertigkriegen… Direkt nach dem Büro dann sofort zu einem Workshop gehetzt und eben erst völlig kaputt nach Hause gekommen, nur um hier deine Mail vorzufinden, die mich so übel angreift und verletzt. Erwartest du etwa, dass ich immer Gewehr bei Fuß stehe? Das geht doch nicht, ich bin berufstätig und gut eingebunden! Und das Schlimmste ist deine Bemerkung über mein Unverheiratetsein und meine Kinderlosigkeit. Ich kann keine Kinder bekommen.»
Daraufhin schickte er ihr anderntags eine lange Entschuldigungsmail und bat sie praktisch auf Knien, ihm nochmal eine Chance zu geben. Worauf sie mich anrief und fragte, ob sie das tun solle. Ich riet ihr, den Kerl lieber gleich ad acta zu legen, denn wer wegen so einer Lappalie so ungehalten und aggressiv reagiert, wird es im reellen Leben erst recht tun. Tief unter der überzogenen Anspruchshaltung und dem polternden oder zickigen Auftritt verbirgt sich ein minikleines Ich-Empfinden, das, weil es im Innern so klein ist, eben deshalb so sehr auf positive Bestätigung von außen angewiesen ist, darum so superschnell aus dem Gleichgewicht geworfen wird und dann entweder wie ein enttäuschtes Kleinkind den schmollenden Rückzug antritt oder um sich schlägt.
Meine Freundin jedoch meinte, ihm trotzdem eine Chance geben zu müssen, denn er habe seine heftige Reaktion glaubhaft damit begründet, dass er an dem Tag neben der Kappe gewesen sei, weil er mehrere Absagen auf Bewerbungen bekommen habe und es für ihn, nach einer erfolgreichen Karriere, nicht einfach sei, vor kurzem seine gute Berufsposition verloren zu haben und nun, trotz seiner hervorragenden Qualifikation, Absagen zu kriegen wie ein Anfänger. Eine Runde Mitleid!
Wie war nun also ihr Date mit ihm verlaufen?

Sie traf einen großen, gut gekleideten Mann, immer noch recht attraktiv für sein Alter, aber einen Tick zu großspurig, zu viel Ego; ein erfolgsverwöhnter Typ mit ausladenden Gesten, die Stimme oft zu laut. Diese Dinge störten sie noch wenig, eines jedoch sehr: Er gab dauernd versteckte Sticheleien von sich und unterstellte ihr alles Mögliche, zum Beispiel: „du bist sicher schon seit Jahren in dieser Singlebörse“, „vermutlich datest du ja alle zwei Tage einen anderen“, „dir kann´s ein Mann sicher nicht so schnell recht machen“, oder, als sie sagte, dass sie es beinah nicht geschafft hätte, pünktlich zum Date zu kommen: „ja wenn man sich eine Stunde lang schminken muss“ (dabei ist meine Freundin ein Typ, der kein Make-Up trägt – nur Wimperntusche und Lipgloss). Außerdem gab er Schulmeistereien zum Besten, wie „du könntest ja schon mehr aus deinem Beruf machen“ oder „werde erst mal so alt wie ich, dann weißt du, wie das Leben läuft“.
Brrrr! Wie gruselig!
„Du hattest Recht“, sagt meine Freundin, „außen ne überzogene Anspruchshaltung und ´n polterndes Ego, innen ganz klein mit Hut… vor lauter Unsicherheiten muss er dauernd solche provozierenden Unterstellungen und Bemerkungen von sich geben.“

Fazit: Wenn jemand dich schon beim virtuellen Kontakt mal so richtig blöd angemacht oder genervt hat, dann kannst du dir das Treffen sparen. Du wirst dich nur noch mehr ärgern.

Bitte lies dazu unbedingt auch:

11 Punkte, woran du merkst, dass du dir ein Treffen sparen kannst

Online-Dating: Soll ich ihn/sie treffen oder den Kontakt abbrechen? (Teil 1)

Online-Dating: Soll ich ihn/sie treffen oder den Kontakt abbrechen? (Teil 2)

Wie Mann es sich schon vor dem 1. Treffen bei Frauen verkackt (Teil 1)

© Beatrice Poschenrieder
„Mr.

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Eine Chance für Online-Zicken und Nervbacken?

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