Schräge Dates: Der Jägermeister (Teil 2)

Hier kommt die Fortsetzung der Geschichte von dem Date mit dem aufdringlichen Mann, wo ich vergeblich Grenzen zu setzen versuchte

Ist der Mann von Natur aus ein Jäger, auch bezüglich Frauen?

Ich hatte euch im letzten Beitrag von diesem körpersprache-ignorierenden Kerl erzählt, G., der mir, kaum dass wir im Lokal saßen, sehr nah auf die Pelle rückte und versuchte mich zu küssen. Pfeilschnell schoss sein halboffener Mund auf den meinen zu, und pfeilschnell drehte ich den Kopf weg, sodass er auf meiner Wange landete. Ich befreite mich vehement aus seinem Klammergriff, rutschte auf dem Sofa so zur Seite, dass ich meine Tasche zwischen uns stellen konnte, und sagte: „Mensch, das geht mir alles zu schnell! Hast du´s immer so eilig, einer Frau näher zu kommen und sie zu küssen?“
„Wieso“, erwiderte er, „das ist doch normal, wenn man einander gefällt.“
„Seh ich nicht so“, sagte ich, „finden die anderen Frauen, die du triffst, das normal?“
Er bejahte im Brustton der Überzeugung.
„Und die Frauen aus deinem Land finden das auch normal?“
„Die aus Istanbul schon, da haben die Mädels ja eine moderne Einstellung.“
Also entweder die Frauen haben sich schwer verändert, ohne dass ich das mitgekriegt habe, oder G. log schamlos, um mir weis zu machen, dass ich mich nicht so blöd anstellen und ihn ranlassen sollte. Wobei ja jeder weiß, der Kuss ist der erste Schritt zum Sex. Wenn zwei Menschen, die noch nie intim waren, diese körperliche Hürde durchbrechen, dann geht das normalerweise auch seinen Gang: Man küsst sich (ich meine natürlich richtige Zungenküsse) und man weiß, jetzt kann es Richtung Bett laufen, heute oder morgen oder übermorgen, es sei denn, einer von beiden zieht die Notbremse, was sicherlich für einige Männer, aber speziell für sehr viele von uns Frauen eine schwierige Sache ist, die dazu erzogen wurden, dass man immer nett sein soll und niemand vor den Kopf stoßen darf. Ich möchte wetten, auf genau solche Frauen hatte G. es abgesehen. Frauen, die Höflichkeitssex zulassen, weil es tief in ihnen drinsteckt, dass das Wohlergehen anderer wichtiger ist als das eigene.
Ja, Leute, das ist kein feministisches Gequatsche, das gibt´s öfter, als man denkt! Auch ich hab das schon gemacht, in meinen jüngeren Jahren, und zwar nicht nur einmal!

Wie auch immer: Eine Frau bereits 10 Minuten (oder auch 60 Minuten) nach dem ersten Zusammentreffen zu versuchen zu küssen, ist schlichtweg zu früh! Viel zu früh! Es wirkt einfach nur plump und gierig.
Soll frau in so einer Situation am besten einfach gehen? Vielleicht ja, aber ich denke dann oft: Manche sind beim ersten Date einfach nervös und machen blöde Sachen; jeder verdient eine zweite (und teils dritte) Chance. Also sagte ich G. ruhig und freundlich, dass ich ihn erst mal näher kennen lernen wolle, ohne so engen Körperkontakt.
Äußerlich gab er sich den Anschein, als akzeptierte er das, aber er wirkte ab da wie jemand, der sehr hungrig ist und den man zum Dinner eingeladen hat, der aber nun begreift, dass er erst dann etwas zu essen bekommt, wenn er mit dem Gastgeber ein, zwei Stunden artigen Smalltalk ausgetauscht hat. Seine ganze Körpersprache und die zähe Kommunikation besagten: „Ich bin der Jägermeister, ich WILL nicht quatschen, ich will angreifen!“
Außerdem gefalle ihm das „Hangar 49“ nicht, bemerkte er und schlug vor, dass wir in eine hippe Location in Neukölln wechseln sollten. „Warum nicht“, dachte und sagte ich, „hippe Locations lerne ich immer gern kennen.“
Auf dem Weg zur U-Bahn machte er einen erneuten Versuch, mich zu küssen. Ich entzog mich mit einem protestierenden „Heyyy, langsam!!!“ Er: „Aber was soll ich machen, du gefällst mir halt!“
Ich dachte nur: Geb ich ihm jetzt richtig einen vor dem Bug und schicke ihn zum Teufel, oder schau ich mir noch die andere Location an?
Am Bahnsteig war grade eine U-Bahn eingefahren, G. musste sich aber noch ein Ticket ziehen. Der „Zurückbleiben-bitte!“-Ruf ertönte, ich sprang wie ein Wiesel in die Bahn, die Türen gingen zu; ich sah G. durchs Fenster in verdutzter Schockstarre. Ich winkte ihm noch zu und fuhr erleichtert nach Hause.

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© Beatrice Poschenrieder

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