Spontanes Treffen, spontanes Verlieben

Eins der besten Dates, die ich je hatte, war ein völlig spontanes Treffen mit einem unglaublich offenen, gastfreundlichen, tollen Mann


Es ist schon paar Jahre her… Die Vorgeschichte: Ich war schon wochenlang mit einem Mann (nennen wir ihn Lothar) aus Kreuzberg in Kontakt gestanden – viele Mails über die Singlebörse neu.de, drei Telefonate. Lothar war damals nicht unbedingt meine favorisierte Altersklasse, und übermäßig attraktiv fand ich ihn auch nicht, aber er hatte ein paar interessante Sachen in seinem Profil stehen, die mich neugierig gemacht hatten. Ich mochte ja dieses lange Hin und Her beim Online-Dating nicht und schlug, wenn das Telefonat nett war, immer schnell ein Treffen vor. Lothar jedoch zauderte aus einem mir unerfindlichen Grund herum. Dauernd erzählte er mir, dass er grade etwas Tolles koche oder hier und da hingehe, aber auf die Idee, mich mal dazuzubitten, kam er nicht (ein schlichtes Treffen in einem Café hätte mir auch gereicht).

Eines Sonntags im Winter war ich zu einem Kaffeeklatsch bei Freundinnen in Kreuzberg eingeladen und machte kurzerhand mit Lothar ab, dass ich direkt danach bei ihm vorbeikäme und wir dann in seinem Kiez etwas trinken gingen. „Fein“, sagte er, „melde dich, wenn dein Kaffeeklatsch zu Ende ist.“ Als ich ihn dann um halbsechs anrief, druckste er herum: er habe mir doch übers Dating-Portal eine Nachricht geschickt. „Wie du weißt, bin ich nicht zuhause“, sagte ich, „was steht denn drin?“
Tja: Lothar hatte von Nachbarn eine Einladung zum Gulasch bekommen, fand das offenbar verlockender als ein Date mit mir und meinte, wir könnten uns ja ein andermal treffen.
Nach einem kleinen Moment des Angepisstseins kam mir ein Mann in den Sinn, den ich stattdessen in Kreuzberg besuchen konnte, Tom. Mit ihm hatte ich eigentlich nichts Näheres im Sinn, denn er hatte recht merkwürdige Fotos in seinem Profil bei Finya; was aber meine Aufmerksamkeit geweckt hatte, war ein Satz von ihm, nämlich dass er grade an einem Projekt experimentiere, und ein Link dazu. Der Link führte zu einer großartigen Webseite voller Fotos mit abgefahrenen Wohnungen. Ich meine nicht Luxuspenthouses und so ein Shit, sondern Behausungen, die sehr ungewöhnlich und kreativ eingerichtet waren. Ein Mailwechsel ergab, dass Tom gerade dabei war, seine große neue Wohnung ähnlich zu gestalten. Nur im Spaß schrieb ich: „Na, die würde ich gern mal sehen“ und zack! gab er mir seine Adresse und Handynummer und lud mich ein, dass ich bei Gelegenheit einfach mal zur Wohnungsbesichtigung kommen könnte.
„Hauseingang“Nach der Absage von Lothar rief ich also Tom an, er sagte sofort, „na klar, komm vorbei“ – und ich ging zum ersten Mal in meinem Leben einen wildfremden Mann in seiner Wohnung besuchen.
Der Typ, der mir die Tür öffnete, hatte die schönsten sensibelsten Augen, die ihr euch nur vorstellen könnt, und der ganze Mensch strahlte etwas Kraftvolles und zugleich Zartes aus, was insgesamt fast anmutig wirkte. Seine Wohnung war ebenfalls etwas Besonderes, eine gelungene Mischung aus “schlicht, klar, stilvoll” und “roh/ rauh”. Tom und seine Wohnung als Gesamtpaket: einfach authentisch.
Er zeigte mir bereitwillig alle Räumlichkeiten (inklusive Schlafzimmer), öffnete eine Flasche Wein, breitete den Inhalt seines Kühlschranks auf dem Wohnzimmertisch aus und teilte alles mit mir, inklusive eines guten, tiefgründigen Gesprächs.
Ich meine: wie oft kommt das vor, dass man einen völlig Unbekannten in seine privaten Gemächer einlädt und völlig ohne Hintergedanken sein Abendessen mit ihm teilt?
Denn es ist nicht so, wie viele jetzt vielleicht denken, dass er mich rumkriegen wollte oder so etwas. Nein – nach ein paar Stunden ging ich einfach nach Hause und dachte beseelt, „was für ein toller Mann, genau so einen will ich haben und nicht so einen verklemmten Zauderer wie Lothar“, wusste aber zugleich, dass Tom eine völlig andere Zielgruppe hat und sich nie um mich bemühen würde. So war es dann auch und es kränkte mich kein bisschen. Ich muss heute noch lächeln, wenn ich an diese Begegnung denke – schön, dass es solche offenen Menschen gibt.

Fazit: Sei kein Lothar. Wenn du dich dauernd von Bedenken, Vorsicht oder Misstrauen von etwas abhalten lässt, verpasst du das Beste.
© Beatrice Poschenrieder

Spontanes Treffen, spontanes Verlieben

2 Gedanken zu „Spontanes Treffen, spontanes Verlieben

  1. ja, so kann das Leben spielen. Gut, dass du so spontan warst 🙂 Und Tom auch. Und schade, dass es nichts geworden ist… Hätte gern Bilder der Wohnung gesehen.. *träum*

  2. Bist du Berlinerin und höchstens 45? Dann kann ich ihn ja mal fragen, ob er dich zur Besichtigung einladen will :-))

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