Fragt dich einer auf der Singlebörse sehr bald nach deinen Füßen, Schuhen, Strümpfen oder Lack/Leder/Latex? Wahrscheinlich ein Fetischist
In Anlehnung an meinen Dreiteiler “Partnerbörsen als Spielplatz für Gestörte und Perverse?”: Wenn du als Frau auf einer ganz normalen Singlebörse ein, zwei hübsche Fotos von dir mit deinen schönen Beinen, deinen hübschen Füßen, deinen hohen Schuhen oder schicken Stiefeln drin hast, wirst du bemerken, dass merkwürdige User auf deinem Profil herumlungern und/oder sich dir nähern: Fetischisten. Hier eine Geschichte von einem der harmloseren, aber typischen Sorte… Seine erste Kontaktmail auf der Singlebörse an mich war intelligent und charmant – ohne Zeichen irgendeiner erotischen Vorliebe. Sein Nickname hätte mir einen verschlüsselten Hinweis geben können, aber ich checkte es erst mal nicht.
Nach ein bisschen Hin- und Hergeplänkel klemmte er unter eine Mail, in der er seine Sportaktivitäten beschrieb, folgende kleine Anmerkung:
«PS: ich hab‘ ein Faible für Schuhe… vor allem hohe Schuhe… deine grünen sind nicht schlecht…»
Ich: «Jetzt mal Butter bei die Fische: Bist du ein Schuhfetischist? Also ein echter? Für den sexuell am besten immer hohe Schuhe im Spiel sein sollen?»
Er: «Ja. Es gibt beinahe nichts Schöneres als einen hohen Schuh an einem schlanken, trainierten Frauenbein mit schönen Fesseln… wie bei dir…»
Ich teilte diesen Fetisch nicht unbedingt, fand ihn aber auch nicht so abschreckend, dass ich deswegen einen tollen Mann abgewiesen hätte (zumal dieser hier beteuerte, dass er „auch ohne kann“). Unser Mailaustausch war so anregend, interessant und eloquent, dass ich dranblieb, obwohl er auf meine Bitten um ein Treffen immer neue Gründe hatte, warum es grade nicht ging („ich würde dich sehr gern treffen, aber meine Mutter ist grade krank“).
Nach genau drei Monaten des Kontaktes und Hinhaltens fiel mir plötzlich etwas ein, was ich als sehr junge Frau erlebt hatte, in den Zeiten, als es noch kein Internet gab: Ich hatte in einem Anzeigenblatt annonciert, dass ich einige Paare gebrauchte Damenpumps und -stiefel zu verkaufen hatte; daraufhin meldeten sich mehrere Typen, die (jeder!) mit raunender Stimme fragten, was das denn genau für Pumps oder Stiefel seien, wie hoch, wie stark getragen, von mir selbst getragen? usw. Mit jeder Frage wurde die Stimme noch raunender und schließlich kriegte ich mit, dass sie sich während des Telefonats einen runterholten: Schuhfetischisten also, denen die VORSTELLUNG von dem live getragenen Schuh reicht, um erregt zu werden. Mehr brauchen oder wollen sie oft auch nicht, viele von ihnen trauen sich an reelle Frauen (mit denen man eine nähere Beziehung hat – keine Professionellen) nicht ran, oder normaler Sex mit reellen Frauen ist ihnen unheimlich, da müssten sie sich ja der Frau und ihren Bedürfnissen/ Ansprüchen stellen (denken sie zumindest).
So oder ähnlich wird das mit meinem Schuhfetischisten auch gewesen sein. Er wollte mich gar nicht treffen; er war in der Singlebörse, um seine Lust aus der Vorstellung zu ziehen, dass da am anderen Ende der Leitung eine Frau mit hübschen Beinen und hohen Hacken war. Daher klickte er auch so oft auf mein Profil (und war dann in der Besucherliste zu sehen): Er schaute sich die Fotos an, empfand den Mailaustausch als Verbindung zu der Frau (oder als Phantasie, dass er sie ja haben könnte), und das war grade erregend genug und die Bedrohlichkeit klein genug, dass er zu seiner Befriedigung kommen konnte. Ich allerdings fühlte mich hingehalten und verarscht (viele Frauen würden sich auch „benutzt“ oder gar „beschmutzt“ fühlen).
Als mir klar wurde, dass er mich nie treffen würde, machte ich mir den Spaß, ihn zu fragen, wie denn seine Neigung in der Praxis umgesetzt wird. Bestimmt dachte er, „hui, sie hat ja doch Interesse!“, denn er antwortete sehr ausschweifend:
«Ein Schlüssel ist das Visuelle: die Schuhe an den Beinen der Frau zu sehen, unabhängig, ob sie liegt, sitzt, hockt, kniet oder steht… weil schöne und hohe Schuhe wirklich in jeder Pose ihre Wirkung entfalten.
Der gelebte Sex, da gibt es so viel. Sie stimuliert ihn mit dem Fuß, ergo: dem Schuh. Er bekommt die Augen verbunden und muss die Schuhe ertasten und liebkosen, während sie ihn mit Dirty Talk eindeckt… oder aber sie posiert, z.B. vor dem Spiegel, auf einem Tisch, wo auch immer, und er darf nur schauen… Oder auch: Sie macht es vor seinen Augen mit einem anderen, während ich mit einem anderen Schuh von ihr abseits sitze, nur zuschauen darf und es mir dabei selbst besorge…»
Ich fragte ihn, ob er schon mal eine richtige Beziehung mit einer Frau gehabt hatte, die das mit ihm umsetzte, und kriegte eine sehr ausweichende Antwort (die mich schlussfolgern ließ: nein).
Als er mal wieder eine seiner Kontakt-Fortführungs-Mails schickte („Hattest du ein schönes Wochenende?“), antwortete ich: „Ich sag´s dir gern am Telefon, wenn du mir deine Nummer gibst.“
Ab da kam nix mehr von ihm.
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© Beatrice Poschenrieder
Schöner Beitrag. Ich finde auch, man lieber gleich am Anfang reinen Wein einschenken soll als Schuhfetischist und der Dame seiner Wahl dieses Thema nahelegt. Wenn sie dann abgeneigt ist, ist man später nicht enttäuscht.