Ist die Online-Dating-App Tinder nur was für junge Leute und Smartphone-Junkies? Oder auch für ältere Technik-Idioten wie mich? Eine Anleitung
Ich muss gestehen, ich hatte jahrelang deutliche Vorbehalte gegen Tinder, denn etliche Freundinnen und Klientinnen, teils auch männliche Bekannte, hatten mir gesagt, dort gehe es vornehmlich um schnelle Sexkontakte und es sei auch sonst extrem oberflächlich. Wer weiß, vielleicht werden sich diese Vorbehalte ja bald zumindest zum Teil bestätigen; bis jetzt haben sie sich noch nicht bestätigt (außer dass das Tinder-System leider tatsächlich eine gewisse Oberflächlichkeit bedingt); aber ich bin ja noch am Anfang und es hat noch keiner versucht, mich flachzulegen. Aber das könnte auch daran liegen, dass ich als allererstes in mein Profil schrieb: „Ich suche keine schnellen Sexgeschichten, sondern jemand, der passt: …“
Und sicherlich sind in meiner Altersklasse (50 plus) nicht mehr arg so viele Männer auf bloßen Sex, Affären, Bettgeschichten, One-Night-Stands und Freundschaft plus aus wie in jüngeren Jahren.
Beim Blättern durch die Profile (ich habe längst noch nicht alle durch) der männlichen User von 50 bis 60 in Berlin und nahem Umkreis sehe ich zwar schon den einen oder anderen, wo anhand des Textes oder der Bilder klar wird, dass er nurmehr sexuelles Interesse hat, aber deutlich mehr haben explizit in ihrem Text stehen, dass sie „keinen ONS“, „keine Affairen“, sondern „was Festes“, „was Ernstes“, „eine richtige Beziehung“ suchen. Manche äußern da auch, dass sie zwar nichts gegen „was Lockeres“ oder Freundschaft plus haben, aber eine tiefere Verbindung sich durchaus entwickeln kann.
Aber jetzt mal von Anfang an. Was mich trotz o.g. Vorurteile dazu brachte, endlich Tinder zu testen, war nicht nur die Bitte eines Klienten, ihm beim Einrichten eines Profils dort zu helfen, sondern auch das Geständnis eines Sportkumpels von mir, dass er dort seine feste Partnerin gefunden habe. Er ist 60 – und sie schon über 60! Die beiden sind über zwei Jahre ein glückliches Paar und wohnen seit einem Jahr sogar zusammen. Auch ein Freund von ihm (55) habe bei Tinder seine Traumfrau kennen gelernt.
Aber jetzt mal von Anfang an…
GANZ WICHTIG: Vor dem Start mit Tinder eine Anleitung dazu lesen!
Denn sonst können dir schon beim Anmelden, beim Ausfüllen des Profils und beim Sichten der ersten Mitglieder blöde Fehler unterlaufen, die du nicht rückgängig machen kannst!
Ich kann dir nur die wichtigsten Hinweise nennen – es gibt im Internet viele gute Gebrauchsanweisungen für Tinder. Wobei manche davon nicht mehr aktuell sind – also achte ggf auf Aktualität.
Tinder auf dem Smartphone oder auf dem Computer (Desktop)?
Du kannst Tinder auf deinem Handy anwenden und dir dazu in deinem App-Store die App runterladen (ist erst mal kostenlos), oder du machst es nur auf deinem Rechner über www.tinder.com (es geht natürlich auch beides). Tinder auf dem Rechner zu nutzen, hat folgende Vorteile:
1) Wer die App auf dem Phone hat, bei dem ist auch das App-Symbol auf dem Phone zu sehen – bei Tinder eine auffällige weiße Flamme auf leuchtend rotem Grund. Das ist ungünstig, wenn man vor anderen Menschen lieber verbergen möchte, dass man bei Tinder aktiv ist.
2) Auf dem Bildschirm deines Computers kannst du viel mehr sehen und hast einen viel besseren Überblick als auf dem kleinen Handy-Display.
Anmeldung über Google, Facebook oder Telefonnummer?
Wenn du eine Erst-Anmeldung bei Tinder machst, wirst du ganz zu Beginn gefragt, ob du sie über Google, Facebook oder Telefonnummer haben willst. ÜBERLEG DIR DAS GUT! Denn das ist dann eine feste Einstellung. Dich über Google oder Facebook anzumelden, geht zwar schneller (vorausgesetzt, du hast da ein Konto), aber Tinder zieht dann deine Daten aus deinem Google- oder Facebook-Konto! Ich RATE DAVON AB, nicht nur, weil Tinder sich deine Daten krallt und in deinem Profil verwurschtet (auch dein Geburtsdatum), sondern auch weil u.U. Tinder-User an persönliche Daten von dir gelangen können.
Das heißt: Nur bei einer Anmeldung über dein Smartphone kannst du die Angaben über dich händisch eingeben und dich dadurch ein wenig anonymisieren (z.B. Nickname statt echter Vorname, nicht dein exaktes Geburtsdatum und Fotos, über die du nicht sofort im Internet zu finden bist). Kleiner Hinweis: Falls du dein Geburtsdatum selbst eingibst, dann schummle nicht zu sehr, denn auch das ist nachträglich nicht zu ändern.
(siehe hierzu auch: „Profil erstellen: Lügen lohnt sich nicht“)
Der Name, den du beim Anmelden angibst, ist auch der, der dann in deinem Profil zu sehen ist!
Nach dieser Anmeldung geht´s auch schon aus Ausfüllen deines Profils…
Dein Tinder-Profil erstellen
Wie oben erwähnt, ist Tinder ziemlich oberflächlich in der Anwendung – die Möglichkeiten im Umgang mit den Mitgliedern sind sehr begrenzt (dazu später), und es gibt nur sehr wenige Felder zum Ausfüllen: Beruf, letzte Schule, Hobbies (deinen Namen, dein Alter, deinen Wohnort zieht Tinder aus deiner Anmeldung oder aus deinem Google-/ Facebook-Konto), sexuelle Zugehörigkeit (also z.B. hetero oder bi). Es wird nicht nach so wichtigen Parametern gefragt wie: Kinder, Beziehungsstatus, Rauchen, Figur.
Bei den Hobbys/ Interessen kann man nur 5 Stück aus vorgegebenen Feldern auswählen (ich hätte gern mind. 10 angeklickt, aber es geht halt nicht). Darunter gibt es noch ein freies Feld, in das du eigenen Text eingeben kannst. Nutze das unbedingt, aber überlege auch gut, was du da schreibst! Denn die ersten drei Zeilen erscheinen dann unten auf deinem ersten Profilfoto und zählen mit zum ersten Eindruck, den jemand von dir gewinnt. Leider ist die Buchstabenzahl in diesem freien Feld stark begrenzt – ich konnte grade mal die wichtigsten Infos unterbringen (eben z.B. dass ich keine Sexgeschichten suche, sondern jemand, der passt, und eine kurze Beschreibung, wie diese Passung denn aussehen könnte).
Bitte lies dazu:
• Singlebörse Profil erstellen: Wie viel soll man schreiben? Muss Profiltext denn sein?
• Was soll man am besten schreiben? Tipps zum Profiltext
Ins Tinder-Profil Bilder einstellen? Wenn ja, welche?
Da Tinder zu 95 % über die Fotos funktioniert – das heißt, für den typischen Tinder-User haben die Bilder 95 % Gewicht, ob er/sie sich für oder gegen dich entscheidet, und dein Text nur 5 % Gewicht – solltest du, wenn du in dieser Partnerbörse einen Fuß auf den Boden kriegen willst, keine blöden oder nichtssagenden Fotos hochladen, und bitte auch keine Studio- und Bewerbungsfotos, sondern welche, die dich von deinen schönsten Seiten in deinem Privatleben zeigen. Ausführliche Tipps über das beste Foto im Profil deiner Singlebörse bietet meine mehrteilige Beitragsreihe, hier ist schon mal Teil 1:
Online-Dating: Diese Profilfotos lieber nicht einstellen! (Teil 1)
Technisch ist das Hochladen deiner Tinder-Fotos sehr einfach – es ist ein selbsterklärendes System.
Ein kleiner Hasenfuß: Es gibt die Voreinstellung „Smart Photos“, d.h. Tinder sucht sich aus deinen hochgeladenen Bildern das als Front-Foto (also das, was alle User als erstes von dir sehen) aus, was es am geeignetsten findet. Das ist nicht unbedingt das, was deiner Ansicht nach deine Schokoladenseite zeigt. Du kannst aber die Funktion „Smart Photos“ unter „Profil bearbeiten“ durch einen Klick deaktivieren und durch Drag and Drop dein Lieblings-Konterfei an die erste Stelle ziehen (geht am Rechner besser als auf dem Handy).
Wie´s weiterging / -geht und ob man bzw frau über Tinder gut jemand kennen lernen kann, erfährst du im nächsten Teil von diesem Erfahrungsbericht!
© Beatrice Poschenrieder